Warum die Arbeitszufriedenheit und Effizienz leiden, wenn Rollen unklar sind

Ich bin Mama, Tochter, Tante, Katzenkraulerin, Leitstute, Chefin, Freundin, Dozentin, Pädagogin, Autorin, Spielkameradin, Plätzchenbäckerin, wissenschaftliche Leitung, Coach und noch so viel mehr...

Diese Liste könnte ich doppelt so lang werden lassen. In unserem Alltag haben wir ganz schön viele Rollen inne. Umgangssprachlich auch als Hüte bezeichnet.

Wie sehen Ihre Hüte aus? Wahrscheinlich sieht Ihre Hutgarderobe nicht viel kleiner aus.

Die Hüte sind nicht alle gleich. Sie sind unterschiedlich groß, schwer und farbig. Sie werden auch in unterschiedlichen Kontexten getragen (privat, professionell, organisational). Doch sie haben eins gemeinsam: es steckt derselbe Kopf drin 🤠!

Rollen sind mit Erwartungen verknüpft

Mit einer Rolle, also dem jeweiligen Hut, sind gewisse Aufgaben, Erwartungen, Verantwortlichkeiten und Kompetenzen verbunden. Hier ein Beispiel:

Beobachte ich auf der Straße einen Unfall, zu dem gerade eine Notärztin herbeieilt, erwarte ich, dass sie die nötigen Schritte unternimmt, um der verunfallten Person zu helfen. Ich gehe davon aus, dass sie Ihre Aufgaben kennt und bestens dafür ausgebildet ist, dass sie einfach weiß, was in solchen Situationen zu tun ist. In dem Moment sehe ich die Rolle – die der Notärztin.

Und ich erwarte von der Notärztin nicht, dass sie angesichts des Unfalls bei dem Opfer niederkniet und in Tränen ausbricht, unfähig zu helfen. Das wäre in dem Moment nicht Ihre Rolle. Eher vielleicht die von einem Angehörigen.

Rollen und daran geknüpfte Erwartungen können uns also Sicherheit im Handeln geben und Orientierung was zu tun ist.

Szenarien bei unklaren Rollen

Durch Eine Rolle weiß im professionellen Kontext jeder, was er zu tun hat. So wird unser Alltag vorhersehbarer, Komplexität wird gemindert und jeder kann sich auf seine Aufgaben konzentrieren. Theoretisch zumindest 😉! Dafür müssen Rollen natürlich klar geregelt sein.

In Unternehmen und Organisationen erlebe ich als Coach immer wieder folgende Szenarien:

  • Rollen sind nicht genau definiert (damit sind Aufgaben, Verantwortlichkeit und Erwartungen unklar)
  • Unklare Rollen führen dazu, dass jeder macht, was er denkt, tun zu müssen (wenige machen unproportional mehr wie andere)
  • Oder tun zu wollen (wenige machen die Aufgaben, die keiner machen will oder es bleiben Dinge einfach unerledigt bis sie zu größeren Krisen führen)
  • Oder etwas tut, das er nicht darf (z.B. Budget Entscheidung treffen, gleichzeitig g Urlaub nehmen) und so der Arbeitsablauf immens gestört wird

Solche Szenarien sind zwar alltäglich, doch sie haben Auswirkungen auf die Organisation und die Mitarbeitenden. Denn eine Rolle ist immer die Schnittmenge dieser beiden. Sie wird gleichermaßen durch die Person wie auch durch die Organisation definiert und ausgefüllt:

Rolle als Schnittmenge zwischen Person und Organisation

Konsequenzen für die Arbeitszufriedenheit

Für die Person - also den/die MitarbeiterIn, ChefIn, KollegIn - sind mit Rollenunklarheiten oft verbunden:

  • Stress und Überlastung (eine/r fängt den Laden auf)
  • Unzufriedenheit (weil nicht klar ist, welche Erfolge auf Ihr Konto gehen und welche Misserfolge nicht)
  • Mangelnde Motivation (weil es scheinbar immer schon so war und deswegen weiter gemacht wird oder weil Mühen nicht gesehen werden)
  • Konflikte mit KollegInnen (da gedacht wird, es sei nicht die eigene Aufgabe, ist es aber doch...oder eben wirklich nicht)
  • ...

Konsequenzen für die Effizienz

Für die Organisation gehen Rollenunklarheiten damit einher, dass

  • die Effektivität leidet (Absprechen kosten auch Zeit und Energie)
  • Mitarbeiter fluktuieren (weil sie obige Faktoren nicht mehr ertragen)
  • Wissen verloren geht (weil Dokumentationen zu fehlenden Rollenbeschreibungen nicht gemacht werden, Wissen bleibt implizit)
  • Das Potential der Mitarbeiter nicht ausgeschöpft wird (weil Talente nicht gezielt Rollen zugeführt werden)
  • Organisationsentwicklungen langsam voran gehen (weil eh schon Verwirrung herrscht)
  • ...

Potential von klaren Rollen

Umgekehrt steckt enormes Potential in klaren Rollen, wenn die Punkte von oben so nicht auftreten. Ist die Schnittmenge von Person und Organisation also die Rolle, sollte diese Überschneidung möglichst groß sein. Denn so wird sichergestellt, dass die Person mit Ihren Talenten, Stärken, Werten, Wissen und Kompetenzen sich optimal in der Rolle finden kann. Gleichzeitig wird die Rolle leicht entsprechend der Strategie, den Werten und Zielen der Organisation ausgefüllt. Es entsteht eine Win:Win Situation der Arbeitszufriedenheit und Effizienz.

Gleichzeitig sorgt die Rolle aber dennoch für eine gewisse gesunde Distanz zur Arbeit. Krass ausgedrückt arbeitet nicht die Person, sondern die Rolle. Kritik, Restrukturierungen, verfehlte Projektziele, etc. müssen also nicht zu persönlich genommen werden. Sie betreffen die Rolle. Die Rolle wird zwar immer durch unsere Persönlichkeit beeinflusst (wir spielen ja keine Rolle wie im Theater), doch wir sind eben nicht diese Rolle. Rollen können sich auch ändern und bewusst geändert werden.

Sie sollten zu unserer Persönlichkeit passen, da uns die Arbeit dann wiederum leicht von der Hand geht, aber es kann auch sein, dass eine Rolle nur eine bestimmte Facette unserer Persönlichkeit bedarf. Dafür haben wir ja alle genügend Rollen – siehe oben.

Tipps für mehr Rollenklarkeit

Als MitarbeiterIn sollten wir uns

  1. 1. klar machen, welche Talente, Stärken und Kompetenzen wir in unsere Rollen einbringen möchten, für welche Ziele und Werte wir arbeiten und damit Zeit gegen Geld tauschen.
  2. 2. Wir dürfen uns klar machen welche Erwartungen in den Rollen tatsächlich an uns gestellt werden und welche wir uns aus unserer Persönlichkeit heraus selbst aufgeben z. B. Alles fehlerfrei zu tun.
  3. 3. Und wir dürfen den Ist-Zustand hinterfragen. Hüte dürfen auch aussortiert werden, wenn sie aus der Mode sind oder uns nicht mehr stehen 😉.

Unternehmen tun sich einen großen Gefallen,

  1. 1. wenn Stellbeschreibungen vorhanden sind UND gelebt werden,
  2. 2. wenn Erwartungen und Ziele strukturiert im Rahmen der Personalentwicklung festgehalten werden.
  3. 3. Wenn Projekte mit den nötigen Rollen besetzt und klar kommuniziert werden. Klarheit verhindert hier, dass einzelne Rollen überinterpretiert oder unterentwickelt werden. Und das beginnt immer mit einer guten Kommunikation auf alle Ebenen.

Also, wenn Sie den einen oder anderen Punkt bei sich selbst entdeckt haben, versuchen Sie mehr Klarheit für Ihre Rolle zu gewinnen. Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Klärung.

Kommentare sind deaktiviert