Pferdegestütztes Coaching mit deinem Pferd – diese Risiken solltest du bedenken

Vielleicht hast du selbst das große Glück ein eigenes Pferd zu haben und trägst den Gedanken in dir, dein Hobby in deinen Beruf zu integrieren. Pferdegestütztes Coaching ist dabei ein Berufsfeld, das zunehmend bekannter und beliebter wird. In diesem Blog möchte ich dir daher ein paar Punkte mitgeben, die du unbedingt beachten solltest, wenn du selbst überlegst pferdegestütztes Coaching mit deinem Pferd anzubieten.

Kann jedes Pferd im Coaching eingesetzt werden?

Kurz gesagt: Fast jedes!

Der Einsatz hängt weder vom Temperament, noch vom Training ab. Es ist sogar von Vorteil, wenn man unterschiedlich temperamentvolle Pferde einsetzen kann. Der Araber taugt also ebenso wie der Haflinger fürs Coaching (wenn beide Voraussetzungen von unten erfüllt sind). Denn unterschiedliche Pferdetypen reagieren unterschiedlich auf die Muster unserer Coachees und können damit jeweils wichtige Perspektiven im Coaching eröffnen.

Ein Irrglaube ist auch, dass die Pferde für ein Coaching trainiert werden müssen. Das Gegenteil ist der Fall. Im Coaching ist ja gerade die unverfälschte Reaktion der Pferde wichtig, um die Selbstreflexion des Coachees anzuregen. Es geht eben nicht darum, dass die pferdegestützten Übungen fehlerfrei funktionieren, sondern um den Lösungsweg, den der Coachee einschlägt. Anders als in der Reittherapie müssen Coachingpferde nicht gelernt haben, vorwärts zu laufen, wenn man neben oder fast hinter ihnen geht. Sie sollen auf die Positionen und Körpersprache der Menschen artgerecht reagieren dürfen.

Damit ein Pferd gut im Coaching mitarbeiten kann, gibt es dennoch zwei Voraussetzungen:

  1. 1. Das Pferd muss sicher sein und verlässlich sein! Das heißt, es darf nicht übermäßig sensibel reagieren, wenn es am Körper berührt wird. Es gibt Pferde, die z. B. am Bauch sehr kitzelig sind und drohen zu treten, wenn man sie neben am Bauch berührt. Ebenso gibt es Pferde, die sehr schreckhaft sind und schnell abhauen, wenn vermeintlich Gefahr im Verzug ist. Da deine Coachees meistens kein Pferdefachwissen haben, musst du mit allem rechnen und dir sicher sein, dass dein Pferd nicht gefährlich reagiert. Sei dir außerdem klar, dass du die volle Verantwortung hast die Reaktion des Pferdes abzusehen und für die Sicherheit sorgen musst. Dabei werden deine Coachees auf Ideen kommen, auf die du nicht kommen würdest. Z. B. die Ohren streicheln, Hufe von hinten frontal anheben, in die Hocke gehen, um unter dem Bauch durchzuschauen…

  1. 2. Das Pferd muss gesund sein! Klingt selbstverständlich, ist aber immens wichtig. Dazu gehören alle sichtbaren und nicht sichtbaren Probleme. Ein lahmendes Pferd hat selbstverständlich nichts im Coaching zu suchen. Aber ebenso wenig ein Pferd, dass stark hustet, viel Kotwasser hat, deutliche Kratzer vom Koppelgang mit Kollegen trägt, etc. Coachees sollten nicht in Erinnerung behalten, dass das Pferd verletzt war. Und das Pferd sollte mental ausgeglichen sein. Und dazu ist eine möglichst artgerechte Haltung notwendig, in der es seine soziale Ader als Herdentier ausleben darf sowie ausreichend Bewegung und gutes Futter. Nur so kann es ausgeglichen genug sein, um auf die Coachees zu reagieren und nicht die eigenen Probleme zu zeigen.

Das Risiko beim Coaching mit dem eigenen Pferd

Ich kann gut verstehen, dass man den Wunsch hegt mit dem eigenen Pferd nicht nur Freizeit, sondern auch Arbeitszeit zu verbringen. Mache ich ja auch 😉. Anfangs war es für mich persönlich aber keine schöne Vorstellung mein endlich lang ersehntes, eigenes Traumpferd fremden zu Verfügung zu stellen. Doch dabei ist nicht alles nur rosig. Ich hatte Bedenken, ob der wechselnde Umgang mit anderen Leuten meinem Pferd zumutbar wäre oder sie zu grob mit ihm umgehen würden, es dadurch vielleicht sogar verzogen werden könnte. Aber Pferde können sehr wohl Kontext und Menschen auseinanderhalten.

Sorge für klaren Rollen

Für deine Professionalität als Coach besteht aber ein großes Risiko, wenn du dir nicht über deine unterschiedlichen Rollen und die deines Pferdes klar bist. Damit möchte ich sagen: Sobald du dein Pferd als Coach einsetzt, wird es quasi zum Mitarbeiter. Es hat dann eine ganz andere Aufgabe als wenn du privat bei ihm bist. Und auch du verhältst dich ihm gegenüber anders, wenn du arbeitest. Mache dir diese Rollen bewusst. Überlege dir, wie es für dich wäre, wenn jemand grob am Strick deines Pferdes zieht. Oder wenn dein Pferd etwas tut, was es eigentlich nicht soll (z. B. auf dem Weg in die Halle jedes Grasbüschel mitzunehmen). Oder dein Pferd plötzlich ganz anhänglich mit einem Fremden ist, aber nie zu dir. Wie würde sich das anfühlen und wie würdest du damit umgehen?

Ein kleiner Trick

Dieser kleine Trick hilft mir bis heute klar zu unterscheiden, wann wir coachen und wann nicht: Im Coaching tragen meine Pferde andere Halfter als in der Freizeit. Sie tragen also quasi Arbeitskleidung. Und sie wissen schon genau, was kommt, wenn ich mit dem Arbeitshalfter um die Ecke biege. Nämlich, dass sie mit einem neuen Menschen konfrontiert sein werden, der sich vielleicht für sie sehr unverständlich oder zweideutig verhält. Aber sie wissen auch, dass ich dabei bin und daher alles okay ist, weil ich die Übungssequenzen unterbreche, wenn es für EINE der Parteien zu frustrierend wird. 

Mache dir also deine Grenzen und die deines Mitarbeiters (Pferd) bewusst. Spüre genau, welche Auswirkungen es auf dich, dein Pferd und eure Beziehung hat, wenn du es im Coaching dazu nimmst. Wann fühlst du dich vielleicht hin und her gerissen zwischen deiner Verantwortung als Coach und der als Pferdebesitzerin? Wie kannst du Grenzen freundlich, aber bestimmt aufzeigen? Welche Grundregeln gibt es und wie kommuniziert du diese zu Beginn des Coachings? Dazu brauchst du Selbstreflexion und Klarheit, um in solchen Situationen gelassen bleiben zu können. Diese Selbstreflexion stößt aber einen Lernprozess an, der schlussendlich die Beziehung zu deinem Pferd sehr nachhaltig positiv verändern kann.

Wenn du noch nicht soweit bist, rate ich dir, erste Erfahrungen ruhig mit fremden Pferden zu sammeln. Ich selbst habe mir zu meinen Anfängen auch die Pferde einer befreundeten Reittherapeutin für meine pferdegestützten Coachings gemietet. Es ist also auch eine Möglichkeit pferdegestütztes Coaching anzubieten, wenn man gar keine eigenen Pferde hat oder seine eigenen Pferde doch (noch) nicht einsetzen möchte.

Das Risiko beim Coaching mit einem fremden Pferd

Du brauchst also nicht mal ein eigenes Pferd, um pferdegestütztes Coaching anbieten zu können. In deinem Pferdenetzwerk gibt es sicherlich auch ein paar Kontakte, die du fragen könntest. Reitschulen, -therapeuten, -betriebe vermieten manchmal deren Pferde stundenweise, wenn man ihnen gut erklärt, was man im Sinn hat. Das ist natürlich ein Kostenfaktor der hinzukommt, doch auch wenn du dein eigenes Pferd im Coaching einsetzt, empfehle ich absolut ebenso eine Pauschale in deinem Angebot zu berechnen, die dein Pferd wert ist.

Da die Coachingpferde eben nicht speziell ausgebildet sein müssen, gibt es hier eigentlich wenig Einschränkungen bis auf die oben Genannten.

Auf diese beiden Punkte solltest du achten

Dennoch Vorsicht bei fremden Pferden: Du kannst vielleicht schwerer einschätzen, wie es um die Gesundheit bestellt und wie verlässlich das gemietete Pferd ist. Du hast einfach weniger Umgang mit dem Tier und daher noch nicht so viele Situationen erlebt, in denen es sich erschrocken hat. Diese beiden Punkte empfehle ich daher unbedingt zu beachten:

  1. 1. Achte darauf, dass das fremde Tier dir kein Gefühl der Unsicherheit vermittelt, das sich im Coaching negativ auf die Situation überträgt. Wenn du gleichzeitig mit mehreren fremden Pferden arbeiten möchtest, achte speziell darauf, dass sich die Pferde untereinander kennen und vertragen (z. B. durch gemeinsamen Koppelgang). Ansonsten könnten sie im Coaching versuchen Ihre Rangordnung zu klären und das würde stören.
  2. 2. Lerne das Pferd im Vorfeld bestmöglich kennen. Frage vorab, ob du ein paar Übungen mit ihm machen und es selbst fertig machen könntest. Probiere dann einige Coachingübungen einfach selbst aus. Und prüfe unbedingt, ob du es überall am Körper problemlos anfassen kannst!

Die Coaching-Pferde, die ich anderweitig miete, habe ich ebenso im Vorfeld gecheckt und mir auch einen Eindruck der Anlage sowie des Umgangstons mit den Pferden gemacht. Durch sich wiederholende Coachings oder Workshops mit den gleichen fremden Pferden, lernst du auch diese nach und nach immer besser kennen. Dann macht es schließlich keinen Unterschied mehr. Du fragst dich aber dennoch, ob dein Pferd ein gutes Coachingpferd wäre? Dafür habe ich dir abschließend eine kleine Checkliste zusammengestellt.

Checkliste: Ist mein Pferd für den Einsatz im Coaching geeignet?

Die folgenden Fragen sollen dir bei der Einschätzung helfen, ob du dein privates Pferd auch beruflich im Coaching nutzen könntest.

Mein Pferd ist…

  • Sicher und verlässlich
  • Gesund (mental und physisch)
  • Hat einen abwechslungsreichen Pferdealltag
  • Freut sich über wechselnden Menschenkontakt
  • Ist fremden Menschen offen gegenüber
  • Neugierig auf neue Übungen / Dinge
  • Ohne Weiteres nur am Halfter zu bewegen (oder natürlich ganz frei)
  • Zeigt deutlich unterschiedliche Reaktionen auf das Verhalten des Menschen (z. B. merkst du an der Reaktion deines Pferdes, wie gestresst du gerade bist)

Diese Liste ist natürlich nicht voll umfassend, aber die Punkte geben dir schon eine gute Ersteinschätzung, ob du dein Pferd im Coaching nutzen könntest. Gerade der letzte Punkt ist wichtig und kann auch eine gute Übung für dich sein, die ich im Folgenden mit dir teilen möchte.

Übung: Achtsame Begegnung mit deinem Pferd

Achte beim nächsten Mal auf folgende Punkte achtsam, wenn du zu deinem Pferd gehst. Nimm dir für diese Reflexion direkt im Anschluss ein paar Minuten Zeit. Am besten du packst dafür einen Zettel und einen Stift ein. Oder direkt ein kleines Notizbuch. Denn wenn du diese Übung regelmäßig machst, kannst du plötzlich Muster bei dir und deinem Vierbeiner feststellen, die dir davor nicht bewusst waren.

Achte bitte darauf,

  • wie du den Stall betrittst,
  • welche Gedanken du beim ersten Schritt in den Stall / auf den Hof hast,
  • welche Gedanken du beim ersten Blickkontakt mit deinem Pferd hast,
  • was und wie du mit dir auf dem Hof sprichst (gedanklich oder laut),
  • was und wie du mit deinem Pferd sprichst (gedanklich oder laut)
  • wie du dich fühlst,
  • welche Einstellung du in der Arbeit mit deinem Pferd zeigst,
  • worüber du dich vielleicht ärgerst,
  • wer noch Einfluss auf deine Stimmung im Stall hat (z. B. Stallkollegen, Zustand der Anlage, dein Handy, ....)
  • Und v.a. beobachte jede kleine Reaktion deines Pferdes auf dich, die Aufgaben und die Umgebung (die Nüstern, die Augen, die Ohren, die Körperspannung, Bewegungen, etc…).

Wenn du offen dafür bist, was dein Pferd dir durch sein Verhalten über dich spiegelt, ist das ein sehr gutes Training und erster Schritt zum pferdegestützten Coach 🤠.

Lust auf mehr?

Und wenn du dich weiter dafür interessierst, was du als professioneller pferdegestützter Coach können solltest, werfe gern einen Blick auf meine Weiterbildung zum pferdegestützten Coach in Kooperation mit der Universität Heidelberg. Alle Infos zum horsynergy Coach ® findest du hier und hier!

In der Weiterbildung lernst du u. a. wie man Pferde entlang unterschiedlicher Charakterzüge schnell einschätzen kann und welchen Einfluss die jeweiligen Pferdetypen auf das Coaching haben können. Außerdem lernst du natürlich das ganze Handwerkszeug, das es für ein erfolgreiches pferdegestütztes Coaching braucht – von der Auswahl der Location, über die Selbstreflexion als Coach bis hin zu den besten Coachingmethoden mit Pferd.

Denn es ist an der Zeit die Macht von Pferden wirkungsvoll im Coaching zu nutzen!

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